Tagebucheinträge vom 30. November 2028

Aus dem Anhang zu “Usufrukt in Ostermundigen. Kommunale bottom-up Pionierin neuer Eigentumsrechte”, Rajiavan, 2032, Zytglogge-Verlag. Tagebucheinträge in digitalisierter und kommentierter Version.

Dimitri B.:

30.11.28: Start in den Tag war mühsahm. Regenkleider anziehen wieder mit viel Geschrei. (An Schneetagen hat sichs zumindest auben [Anm.: berndeutsch für jeweils] gelohnt ...) War wieder deutlich später von Kita zurück als geplant. (Petra hat Kids netterweise nach Hause begleitet ...) TuDus und Calls dann ganz i.O.

Kurz vor Mittag dann nette Überraschung. Irgendwer (Namen hab ich vergessen) hat geklingelt. Hat mir von den “Quartierefforts Mundigen” erzählt, hat ganz gutes Zeugs drunter... – Quartierkantine wär was für mit den Kids – Ludothek hat neuerdings auch Teppichputzmaschine und Zelte sind frisch repariert – Adblock-Einführung Grossvati empfehlen

Hat mich auch gefragt, ob ich in Schneeschaufel-Pool fürs Wegmühlegässli möchte. Gibt Anfragen bei Überschwemmungsnotfällen, wenn Hilfe beim Zügeln gefragt oder für Neophytenzupftage. (Name sei etwas veraltet, werde vielleicht bald geändert...) Auf der Webseite steht, dass sie am Samstag wieder Möbelsammlung- und Tausch machen. Brotbude offenbar auch von ihnen lanciert. Wusste gar nicht, dass das Quartier sowas hat.

Faschos haben wieder Solarpark gesprengt. Absurd. Vielleicht doch für Schneeschaufeln melden :)

Flo Z.

Do, 30.11. Hatte heute wieder Morgen als QuartierKoala. War im Wegmühlegässli unterwegs. Manchmal etwas peinlich, aber richtig schön. Keine Faschos erwischt und richtig viele Menschen aus dem Quartiert kennengelernt. Papierflyer wieder einführen hat sich richtig gelohnt. Einige haben Übergriffshotline sogar im Treppenhaus aufgehängt. Jemensch hat angeboten, dass wir Drucker nutzen können und könnte Kurs 1. Hilfe psychische Krisen anbieten. → Reena melden, soll bald nachhaken. Einführung in Openki geben. Wenns so weitergeht, ist Bahnhofsbezirk bald ziemlich stabil unterwegs. Letzte Woche sind schon wieder zwei neue Kollektive konföderiert.

Aus Lesegruppe: Verdrängungsgesellschaft VG: Wusste von Klimakatastrophe, wollte aber weder politische, soziale noch persönliche Opfer bringen. Wollte Angst, Schuld und Scham aber nicht zulassen. Hat bei Erinnerung gereizt überreagiert. Spannend: auch innerhalb der Klimabewegung. “Team Magical Thinking” (“noch möglich”, fight for 1.5 (!), Technologie, kritische Masse, argumentieren, ...) Dem gegenüber irgendwann “Team Kollaps” (solidarischer Umgang mit Krise bauen, mutual aid, Bibliotheken statt Kapitalismus, ...) Arschlochgesellschaft AG: war stolz auf moralische Scheisse. (Aus VG entstanden. VG verdrängte Scheisse, verrenkte sich). AG funktionierte nicht rational und ethisch. Oft auch gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Trump in USA als Vorbild der Enthemmung, Faschos so wieder erstarkt, dauert an. [Anm.: Lesegruppe vermutlich basierend auf “Arschlochozähn”, Müller, 2024, Luxemburgstiftung]

Statt “nur Kampf gegen Klimakrise verlieren” (VG) oder “mit rationalen Argumenten ins leere Laufen” (AG), haben erste Quartierefforts anderen Ansatz getestet. Damals innovativer Zusammenschluss von Klimantifa und RépairCafés. In Genf aus CuisinePopulaire-Bewegung entstanden. → Verstehe nicht, wie Klimabewegung “Team Magical Thinking” Hoffnung hatte, ohne Realität der Kollapse anerkennen zu können. Versuchte positive Geschichten anstatt der Trauer, statt nach der Trauer zu erzählen. Sehr abgekapselt von Alltagsnützlichkeit.